Springe zum Inhalt

 Ausstellung

Ich gehe mit einigen meiner Arbeiten auf die Reise.
In Leobersdorf/Österreich, kurz vor den Toren Wiens, nehme ich am 21. und 22. Mai an der größten Strassengalerie Österreichs teil.
Infos unter:
http://www.leobersdorf.at/Freizeit_und_Veranstaltungen/Oesterreichs_groesste_Strassengalerie_2016

Andreas

www.schymczyk.de

DSCF3201

Ismüsser

Verkehrt man in der Welt der Kreationen und der Träume, so begegnet man dem Vielfältigsten und nicht Fassbaren: dem „Ismus“.

Ich zähle hier der Einfachheit halber einige Ismüsser auf, die mir einfallen: Populismus, Magnetismus, Liberalismus, Apfelmus, Kapitalismus, Transzendentalismus, Kubismus, Rheumatismus, Sozialismus, Surrealismus, Vandalismus, Kannibalismus, Faschismus, Nikodemus, Eskapismus, Katholizismus, Realismus.
Es gibt mit Sicherheit noch einige mehr.

Ich begegnete diesem fabulösen Gebilde das erste Mal in jungen Jahren.
Ort des Geschehens: eine Universität in Bremen.
Anlass: ein Gebilde, das eine (meiner Meinung nach) gelungene Mischung aus Bewegungs- und Meditationsmaschine und Murmelbahn war.
Ehrlich gesagt: Ich weiss nicht mehr, wie ich und meine Meditationsmaschine an die Uni gekommen sind.

Woran ich mich noch erinnere:
Ich saß an einem Tisch in der Mensa der Universität, auf dem Tisch hatte ich meine Maschine geparkt.
Ein vor Bildung und Wissen berstender Bartträger kam mit einem Tee an meinem Tisch vorbei, stoppte und wand sich mir und meiner Maschine zu.
Er neigte nachdenklich den Kopf und stellte die Frage, vor der ich am meisten Angst habe: „Was ist das denn, junger Mann? Das sieht wirklich interessant aus.“
Die Nacht zuvor und eine nur zweiminütige Kurzschlafphase auf der Rückbank eines Ford Transit forderten unbarmherzig ihren Tribut. Ich nuschelte: „Eine Meditationsmaschine. Ich will mein Bewusstsein erweitern. Zum Wochenende hin will ich fertig sein.“
Ein gütiges Lächeln huschte über Gesicht und Bart des Bildungsbefüllten. Ich entspannte mich.
"Ist das Surrealismus"?
Ein in den letzten Minuten rehabilitierter Teil eines Hirnlappens ergriff die Chance, tätig zu werden, formulierte blitzgescheit und wieselschnell eine Antwort und leitete sie an das Mundwerk weiter.
"Schuppismus" schepperte es aus mir heraus, "reiner Schuppismus".
(Diese Äußerung beruhte auf der Tatsache, dass ich die Maschine in einem Schuppen gebaut hatte.) Auf einem Teil der Stirn des Studiosus bildeten sich zwei extremes Unverständnis signalisierende Querfalten.
In meinem Gehirn auch.
Eigentlich wollte ich doch nur mir und anderen Menschen einen vergnüglichen Augenblick schenken…

Vom Lande kommend und relativ bildungsneutral (Ich hatte das Wort „Schulbesuch“ wörtlich genommen.) hatte ich weniger als gar keine Ahnung, was der gütig lächelnde Mensch von mir wollte. Auf keinen Fall wollte ich jedoch etwas Falsches oder gar Ungebildetes von mir geben.

Später erfragte ich, was Surrealismus bedeutet und erfuhr mehr und mehr über die sagenhaften Ismüsser und deren Bedeutung.

Mich beschäftigt eine Frage immer wieder und immer mehr: Warum hat der nette Bartgebildete sich nicht einfach zu mir gesetzt und das Ding ausprobiert?
Es hatte nämlich an der Vorderseite eine Öffnung, in die man den Kopf hinein stecken und viele interessante Knöpfe, durch deren Betätigung man allerlei bewirken konnte.
Schade.
Ich hätte mich gefreut und ihm hätte es bestimmt ein paar Lachfältchen verpasst.

Nun, circa 30 Jahre später, begegne ich dem gleichen Phänomen.
Der Betrachter möchte wissen, wie er das vor ihm Stehende bzw. Hängende zu benennen hat.
Es scheint so zu sein, dass viele Menschen erst einmal wissen möchten, wie sie das, was ihnen begegnet, einordnen können.
Was ich erstens schade finde (verhindert es doch, sich vielleicht unvoreingenommen in ein Abenteuer zu stürzen) und mich zweitens in Erklärungsnot bringt.

Und so geht es mir heute noch.

Meine Bitte: Kunst- oder andere Stücke einfach anschauen und anfassen.

Nicht dabei denken.

Denn - wie meine Großmutter immer so weise verlautbarte: „Denken, Jung, denken sollten nur die Pferde. Die haben nämlich viel größere Köpfe.“

Warum steuerte Geist Materie?
DSCF1990Weils andersrum nicht geht!
Holzbildhauer, die vor einem Trumm von einem Stamm stehen wissen das.
Die Verbindung einer Idee und das schlichte Vorhandensein  einer Tonne Materie bringt einem diese Erkenntnis.
DSCF1926Nichts ist für mich schöner - nichts unmittelbarer.DSCF3371Was mich zu dem Satz bringt den meine Oma mir beigebracht hat:
Geist steuert Materie.
Danke Oma.

 

Ein Garten ist ein natürlicher Ort.
Die Natur gibt Farben und Formen vor, der Mensch bestimmt die Komposition.
Ist ein stolzer Holzbildhauer im Besitz eines Gartens, macht er sich meist umgehend ans Werk diesen Bereich unter diesem Gesichtspunkt zu gestalten.

Gartenmöbel

Es gibt so viele unterschiedliche schöne Holzarten und Bäume, dass die Auswahl meist schwer fällt.
Ahorn, Buche, Eiche oder Weide bieten schlicht atemberaubend schöne Vorlagen in Wuchs und Maserung.
Durch ihren Wuchs und ihre Form geben sie automatisch die Linien der Natur vor.

Gartenmöbel 2

So ist es einfach für mich dem zu folgen was mir Stammteil oder Baum vorgeben.
Der umtriebige Gestalter geht also ans Werk und "komponiert" eine Landschaft.
Kreative Eruptionen verwandeln das Gelände.

Gartenmöbel 3

Letzt aber endlich einfach nur um dem Genuss zu frönen.

Gartenmöbel 4JPG

 

Ich schaffe etwas?
Oder ich erschaffe etwas?

Mann kann in der Kampfkunst etwas er erschaffen oder schaffen.

schaffen 3

 

 

Man kann als Holzbildhauer etwas schaffen oder erschaffen.

schafen 4

 

 

Man kann eine Situation schaffen oder erschaffen.

schaffen 5

Es ist wohl das kleine, klitzkleine göttliche was uns erschaffen
und das große menschliche was uns etwas schaffen läst.

Es ist schon seltsam.
Ich baue Monate oder manchmal Jahre an einem Stück und weiß eigentlich gar nicht so recht was ich da tue und welche Wirkung das Stück auf Menschen haben wird.
Und nach all der Plackerei und den intensiven Stunden, Jahreszeiten kamen und gingen, da steht es fertig im Raum.
Ein bisschen etwas göttliches beschleicht mich manchmal.
Göttlich weil ich tatsächlich etwas erschaffen habe.
Die Kurzfassung lautet: Geist steuert Materie.
Klingt und ist profan, bringt es aber auf den Punkt.
Das Kind  jedoch, was immer noch in mir steckt freut sich wie vor dem Weihnachtsfest und ist aufgeregt.
Ich stehe wie ein Schlingel der etwas ausgefressen hat beobachtend in der Ecke und warte.
Nicht viele Menschen merken das und gehen dann auf mich zu - meine Tarnung ist aufgeflogen.
Der magische Moment vorbei.
Aber das ist tatsächlich und wirklich einer der Gründe warum ich diese Stücke baue.
Für einen Augenblick.

Ganz zu Anfang meiner Erfahrungen mit der Kampfkunst war ich eifrig und bestrebt die Formen, Katas, Kumites, einfach alle der Formen und Bewegungsabläufe zu erlernen.
Formen 7Ich verbrachte  jede freie Stunde mit Kursen und Fortbildung.
Ich trainierte und übte viel und eifrig.
Mein Körper wurde elastisch, stark und schnell.
Meine Sinne schärften sich.
Voller Stolz bemerkte ich wie ich höher und höher treten, wie ich schneller und stärker schlagen und abwehren konnte.
Jede Technik wurde akribisch geübt bis ich zufrieden war.
Jede neue Technik, jede Kata sog ich in mit auf wie Spagetti vom Teller.
Doch nach vielen Jahren kam der Tag wo mich die Leere gleich einem Hammer traf.
Die Leere bestand aus einer einzige Frage: Wozu?
Und was steckt dahinter.
Formen 4Ich begann meine Mentoren mit Fragen zu bombardieren, mich über den Ursprung der Kampfkunst zu informieren.
Und wurde fündig.
Es war als stünde ich in einem riesigem Raum dessen Tür ich durchschritten hatte.
Vor lauter Training und Üben hatte ich die Hauptsache wirklich und wahrhaftig übersehen.
Im Ernst, eine Kunst die nur aus Formen aber keinem Inhalt besteht?
Ein Buch ohne Geschichte?
Ohne es bewusst wahr zu nehmen war ich zu dem gekommen was man wohl den inneren Weg nennt.
Die Formen und Bewegungen, all das Tun und Handeln in der Kampfkunst ergaben für mich einen Sinn: Sie zu füllen.
Sie mit dem zu füllen was ich in diesem Augenblick bin.
Und mich gleichzeitig in diesem Augenblick so wie ich es gelernt hatte zu beobachten.
Formen 8Ich fügte all das zusammen was ich bisher erlernt hatte und betrachtete es mir.
Die Meditation, die yogischen Übungen und ging alle Formen noch einmal durch.
Dieses mal ohne Absicht, ohne einen Gedanken ob alles perfekt läuft oder ob auch wirklich jeder Teil der Choreographie stimmt.
Im Dojo nannten wir das "Uhu auf Kopf".
Ich lief „meine Kata“.
Begreifen ist nun für mich lernen und nie ein endlicher Prozess.
Und macht Sinn.

Freude und Spaß sind sind auch durchaus gewinnbringende Zutaten.
Also, viel Spaß beim "füllen".

Formen 12

Wege zur Skulptur

Es gibt viele Wege, eine Skulptur aus einem Stamm zu schlagen. Für mich jedoch nur zwei grundlegende:
wege 5Ein Weg ist, zielorientiert ein sorgsam erarbeitetes Stück aus dem Material herauszuarbeiten. Eine hohe Kunst.
Die andere Art ist am Weg orientiert und schließt das Material mit ein… eine Arbeitsweise, die kein „planbares“ oder zuvor genau festgelegtes Stück erlaubt.
Meine eigene Arbeitsweise ist die zweite, die am Weg orientierte Art.
Ich sehe und erfasse den Stamm, habe eine Idee oder Vorstellung von dem, was er werden soll.
Das heißt, es existiert zwischen mir und dem Stamm ein - sagen wir einmal - Verständnis.
Natürlich kann ich aus jedem beliebigen Material einen Uhu oder eine Vase herausschlagen.
Der Preis ist der, dass ich wahrscheinlich gegen das Material gearbeitet und andere Chancen und Möglichkeiten ausgeschlossen habe.
Natürlich wäre es wirtschaftlicher und effektiver, fortlaufend zu arbeiten.
Wege 2Aber: Es nähme mir die Möglichkeit, den Stamm in seinem Trocknungsprozess zu begleiten und die „Arbeit“ des Stammes zu erkennen.
Ich nenne es: ihm die "Reifezeit" nehmen.
Deshalb arbeite ich mit „Grünholz“, also frisch geschlagenen Stämmen.
Gehen wir einmal davon aus, dass Bäume wie Menschen unterschiedlicher Natur sind, dann gilt es, sie wahrzunehmen und zu unterscheiden. Zwischen einem Dachdecker, einem Kaplan und einem Komponisten gibt es schon signifikante Unterschiede…
Und wenn ich mir nicht die gleiche Liebe, Hingabe und Zeit nehme wie bei meinen eigenen Kindern - wie soll ich es dann bewerkstelligen, eine Skulptur mit dem Material zu erarbeiten?
Das wäre wie: meinem einjährigen Sohn in den Orchestergraben zu schicken, um Oboe zu spielen.
Meine Tochter, noch in Windeln, ins Cockpit eines Düsenjets zu setzen.
wege 3Mich an den Rand eines Getreidefeldes zu stellen und den Weizen anzufeuern.
Schlussendlich habe ich meinen Weg gefunden:
Ich nehme den Baum wahr. Ich erkenne ihn.
Ich sehe, was in ihm steckt.
Wir gehen den Weg gemeinsam.
Ich zolle ihm die Achtung und den Respekt, die ihm als Lebewesen und Teil meiner Welt zustehen.
Ich glaube, es ist die große Kunst der Achtsamkeit, die aus einem Stamm eine wunderbare Skulptur macht.
Schlussendlich ist es aber nur mein Weg, nicht der Weg.
Es gibt nämlich noch einen dritten, sehr kindlichen Weg: einfach loslegen und kucken, was passiert.
Und das ist auch kein schlechter Weg. Das weiß ich.

wege 4

              P.S.: Humor kann auch nicht schaden.