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erkennen

Erkennen ist meiner Meinung nach das so ziemlich dämlichste Wort.
Meist mit Erleuchtung und Wissen in einem Satz verbaut, soll es darstellen das wir in der Lage sind Dinge wirklich zu sehen und übergeordnet zu beurteilen.
Warum findet man keine Kühe im Hörsaal einer Universität?
Weil sie nicht durch die Tür kommen!
Menschen neigen wohl dazu allein aus dieser Tatsache ein hochphilosophisches Drama zu machen, die soviel Weisheit und Erleuchtung in sich birgt das es nur so raucht.
Und meist sind diese Menschen auch noch überzeugt das der so "Erleuchtete" oder "Wissende" erhaben und somit etwas besseres wäre.
Und streben nach ebensolchem.
Dabei sind wir ja noch nicht mal in der Lage unsere Umgebung zu erkennen.
Nehmen wir zum Beispiel unsere grünen Freunde die Bäume.
Wir nennen sie Ahorn oder Buche.
Dabei sind sie individuelle Lebewesen wie wir.
Stellt euch vor die grünen  Kollegen würden das mit uns machen.
Die Klingelschildern an unseren Haustüren würden jeden Briefträger in den Wahnsinn treiben.
Ganze Häuserzeilen Müllers oder Lehmanns.
Sind wir in der Lage wirklich objektiv etwas zu beurteilen?
Eher ganz und gar nicht.
Eine Regenwurm kann ja auch nicht Bowling spielen, oder?

Also.
Auf dem Teppich der Realität stolpernd und staunend wie ein Kind alles immer neu zu entdecken dürfte es eigentlich sein.
Oder wie Oma immer sagte "Jung, offenes Staunen macht Platz im Hirn".

Danke Oma

 

 

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Ismüsser

Verkehrt man in der Welt der Kreationen und der Träume, so begegnet man dem Vielfältigsten und nicht Fassbaren: dem „Ismus“.

Ich zähle hier der Einfachheit halber einige Ismüsser auf, die mir einfallen: Populismus, Magnetismus, Liberalismus, Apfelmus, Kapitalismus, Transzendentalismus, Kubismus, Rheumatismus, Sozialismus, Surrealismus, Vandalismus, Kannibalismus, Faschismus, Nikodemus, Eskapismus, Katholizismus, Realismus.
Es gibt mit Sicherheit noch einige mehr.

Ich begegnete diesem fabulösen Gebilde das erste Mal in jungen Jahren.
Ort des Geschehens: eine Universität in Bremen.
Anlass: ein Gebilde, das eine (meiner Meinung nach) gelungene Mischung aus Bewegungs- und Meditationsmaschine und Murmelbahn war.
Ehrlich gesagt: Ich weiss nicht mehr, wie ich und meine Meditationsmaschine an die Uni gekommen sind.

Woran ich mich noch erinnere:
Ich saß an einem Tisch in der Mensa der Universität, auf dem Tisch hatte ich meine Maschine geparkt.
Ein vor Bildung und Wissen berstender Bartträger kam mit einem Tee an meinem Tisch vorbei, stoppte und wand sich mir und meiner Maschine zu.
Er neigte nachdenklich den Kopf und stellte die Frage, vor der ich am meisten Angst habe: „Was ist das denn, junger Mann? Das sieht wirklich interessant aus.“
Die Nacht zuvor und eine nur zweiminütige Kurzschlafphase auf der Rückbank eines Ford Transit forderten unbarmherzig ihren Tribut. Ich nuschelte: „Eine Meditationsmaschine. Ich will mein Bewusstsein erweitern. Zum Wochenende hin will ich fertig sein.“
Ein gütiges Lächeln huschte über Gesicht und Bart des Bildungsbefüllten. Ich entspannte mich.
"Ist das Surrealismus"?
Ein in den letzten Minuten rehabilitierter Teil eines Hirnlappens ergriff die Chance, tätig zu werden, formulierte blitzgescheit und wieselschnell eine Antwort und leitete sie an das Mundwerk weiter.
"Schuppismus" schepperte es aus mir heraus, "reiner Schuppismus".
(Diese Äußerung beruhte auf der Tatsache, dass ich die Maschine in einem Schuppen gebaut hatte.) Auf einem Teil der Stirn des Studiosus bildeten sich zwei extremes Unverständnis signalisierende Querfalten.
In meinem Gehirn auch.
Eigentlich wollte ich doch nur mir und anderen Menschen einen vergnüglichen Augenblick schenken…

Vom Lande kommend und relativ bildungsneutral (Ich hatte das Wort „Schulbesuch“ wörtlich genommen.) hatte ich weniger als gar keine Ahnung, was der gütig lächelnde Mensch von mir wollte. Auf keinen Fall wollte ich jedoch etwas Falsches oder gar Ungebildetes von mir geben.

Später erfragte ich, was Surrealismus bedeutet und erfuhr mehr und mehr über die sagenhaften Ismüsser und deren Bedeutung.

Mich beschäftigt eine Frage immer wieder und immer mehr: Warum hat der nette Bartgebildete sich nicht einfach zu mir gesetzt und das Ding ausprobiert?
Es hatte nämlich an der Vorderseite eine Öffnung, in die man den Kopf hinein stecken und viele interessante Knöpfe, durch deren Betätigung man allerlei bewirken konnte.
Schade.
Ich hätte mich gefreut und ihm hätte es bestimmt ein paar Lachfältchen verpasst.

Nun, circa 30 Jahre später, begegne ich dem gleichen Phänomen.
Der Betrachter möchte wissen, wie er das vor ihm Stehende bzw. Hängende zu benennen hat.
Es scheint so zu sein, dass viele Menschen erst einmal wissen möchten, wie sie das, was ihnen begegnet, einordnen können.
Was ich erstens schade finde (verhindert es doch, sich vielleicht unvoreingenommen in ein Abenteuer zu stürzen) und mich zweitens in Erklärungsnot bringt.

Und so geht es mir heute noch.

Meine Bitte: Kunst- oder andere Stücke einfach anschauen und anfassen.

Nicht dabei denken.

Denn - wie meine Großmutter immer so weise verlautbarte: „Denken, Jung, denken sollten nur die Pferde. Die haben nämlich viel größere Köpfe.“