Da wir uns aber genau mitten drin befinden, in diesem All, sollten wir keinen Tag als Alltag verbuchen, oder?
Schlagwort: Alltag
Eine wahre Geschichte oder was ist Kampfkunst im Alltag.
Operation Buntwäsche
Als alleinstehender Mann mit 2 Kindern auf einem Campingplatz ist es nicht unbedingt erforderlich, jedoch sehr praktisch in den Kampfkünsten bewandert und trainiert zu sein.
Man stelle sich zum Beispiel folgende Situation vor: die Kinder, ein 10 jähriger, fußballsüchtiger, grinsender Schlingel mit regelmäßig verschmuddeltem Zeug und eine dreizehnjährige, pubertierende Tochter ( Sie beherrscht die große Kunst des Wäschehaufebildens, ähnlich dem Ikebana kunstvoll gebündelt, jedoch bloß mit Wäsche und weit verteilt) in je 2 einzelnen Zelten; den dazugehörigen Papa in der Mitte in einem bunten Wohnmobil namens Kasimir hausend.
Die eben beschriebenen Umstände und auch der Bewegungsdrang des Vaters (schwitzige T-Shirts und muffelige Socken) machen es unabdingbar und notwendig sich zuweilen in kriegähnliche Zustände zu begeben.Um eines klarzustellen, ich bin praktizierender Mensch mit dem Hang auch einer nervigen Wespe auf meinem Knäckebrot etwas abzugewinnen, ergo einer pazifistischen Einstellung die einen Dalei Lama aufhorchen lassen würde.
Doch all das nutzt nichts, es ist Waschtag.
Ein Tag an dem gestandene Marines egal welcher Forces sich krankmelden und Helden den Arzt aufsuchen, Fremdenlegionäre weinend nach Hause zurückkehren.
Schon Tage vorher plagten mich Alpträume und Aufstoßen, Appetitlosigkeit und Panikattacken bei Innaugenscheinnahme des Waschhauses.
Mir war vollkommen klar das nur eine ausgeklügelte Taktik, körperliche Fitness und mein jahrelanges Training eine Chance boten die Schlüpfer und Socken meiner Kinder zu reinigen.
Mein Gegner: Campingerfahrene Hausfrauen mit oder ohne Kittelschürze egal welcher Farbe und Gewichtsklasse.
Kampferprobte Schleudermatronen, Spülstarke Frauen die mit Tabs oder Waschgel ebenso geschickt waren wie General Custer und Julius Cäsar auf dem Felde in der Schlacht.
Mein Plan war im Morgengrauen, wenn die Augen der reinigungssüchtigen Amazonen noch verklebt und die Reaktionsfähigkeit nicht gänzlich da, eben zu diesem Zeitpunkt meine Vorteile außpielend einen Waschplatz zu ergattern.
Denn genau das war die eigentliche Schwierigkeit.
Was Buntwäsche ist, welche Gradzahl und Schleudergeschwindigkeit zu wählen ist, das war gar nicht das Problem.
Auch wusste ich genau bei welcher Verschmutzung Tabs, bei welcher Gel oder Zusätze egal welcher Art zu wählen sind.
Nein, nein.Das Problem war einen Platz, eine der kostbaren und begehrten freien Plätze an den kraftstrotzenden Reinigungsmaschienen zu erhaschen.
Schon seit einer Woche habe ich möglichst unauffällig recherchiert, bin unter dem Vorwand etwas zu suchen oder ein Kind zu vermissen um die Waschräume herumgestrichen.
Tagsüber hatte ich keine Chance. Die Möglichkeiten einen Waschplatz zu ergattern waren ebenso gering wie eine Audienz beim Pabst .
Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz was einen nicht aufzulösenden Belagerungsring schafft:Das Gesetzt der Körbe.
Ich bin mit vollkommen sicher das wenn Hannibal, Attlia und all die anderen von dieser Technik auch nur eine Ahnung gehabt hätten, die Geschichte wäre ganz anders geschrieben, die Völkerwanderung ausgeblieben und vielen Kulturen unbescholten geblieben.Und das funktioniert so: Ist eine Waschmaschine augenscheinlich in Gebrauch meldet sich der nächste an in dem er seinen gefüllten Korb auf das Objekt der Begierde stellt.
So etwas stellt einen Teretorialanspruch her, dem die Genfer Kommission und alle Weltregelnden Organisationen den Schweiß auf die Stirn treibt (Vielleicht liest auch Herr Arafat diese Zeilen, die Intifada würde anders aussehen und verlaufen, ganz sicher).
Den anwachsenden Wäschehaufen jeden Tag taxierend um den genauen Zeitpunkt festzulegen und vorbereitende Maßnahmen einzuleiten begann das Vorhaben „Buntwäsche, Code 40 Grad“.Bei erreichen der halbwaschfähigen Haufenhöhe (Aufpassen alleinerziehende Väter, Unterhosen erhöhen zwar Aufgrund ihre geringen Volumens die Haufenhöhe nicht, verkürzen jedoch ziemlich die Länge der zur Verfügung stehenden Wäscheleine!!) begann ich mit dem Trainingsprogramm: Laufen für die Fitness und Kondition, Dehnung und Yoga für allgemeine Beweglichkeit, Meditation zur Klarheit und Entschlussfähigkeit wobei ich als Mantra das Waschmittel meiner Wahl zufügte ( Für nicht Kampfkünstler und Nichtjogisten: ein Mantra ist ein Wort oder Formel die, wiederholt gesprochen oder gemurmelt, den Zustand oder Wunsch stärken und unterstützen soll.
Ich gebe zu, das es wahrscheinlich ziemlich albern aussah einen nur mit einer Unterhose bekleideten Mann auf einer Wiese zwischen Kühen und Gänsen monoton „Spee“ intonieren zu sehen).
Kurz vor dem Zenit des Wäschehaufens war es soweit.
Am Abend zuvor legte ich alles griffbereit, geschickt die Dunkelheit abwartend um auch ja keinen Verdacht bei 2 anliegenden Frauen von Dauercampern zu erregen.
Nur der leiseste Verdacht, die kleinste Ahnung meines Vorhabens hätten die Damen noch vor dem Morgengrauen vor dem Waschhaus pattroulierend erscheinen lassen.
Nebenbei bemerkt: An diesen Stellen, in diesen Situationen bereue ich meine damalige Entscheidung den Kriegdienst zu Verweigern.
Wie gut hätte jetzt eine solide militärische Grundausbildung geholfen.
Gegen 21.00 Uhr entschuldigte ich mich bei den Campingnachbarn unter dem Vorwand körperlich unpässlich zu sein vor dem abendlichen Kartenspiel und ging Früh zu Bett.
Mein Schlaf war jedoch weder lang noch ruhig.Alpträume in denen mich riesige Frauen mit Polyestersportanzügen und Kittelschürzen bekleidet aus der Ortschaft verbannten oder gar Beschwörungsformeln murmelnd um ein Haufen brennender Wäsche tanzten (bestimmt meiner) quälten mich bis in die frühen Morgenstunden.
Ihre höhnisch auf mich herabblickenden Gesichter verklangen nur langsam aus meinem morgentlichen Dämmer.
Es war soweit.
Seufzend nahm ich allen meinen Mut zusammen.
Links unter dem Arm geklemmt die Wäsche, in der rechten Armbeuge hatte ich die Tabs geklemmt (Diese Technik macht das Rollen und abrollen ohne Verlust des zu transportierenden Gutes im Kampf möglich) macht ich mich behutsam auf den Weg durch das Feindesland.
Den Reisverschluss hatte ich am Abend zuvor mit Schmierseife auf „lautlos“ getrimmt.
Mein Herz pochte und raste.Ohne das Vorzelt wieder zu verschließen und so auch die geringste Geräuschentwicklung vermeidend pirschte ich mich, die naturgegebene Deckung ausnutzend an den Waschplatz heran.
Extra weiche Sohlen ohne verräterisches Profil (die knirschen im Schotter) und jahrelanges Training ermöglichten es mir unerkannt und unbehelligt bis auf Sichtweite an das Waschhaus heranzugelangen.
Ich ging in die Hocke und sog prüfend die Luft durch die Nase.Gut, sehr gut.
Kein Duft von Deo, keine Spur von Hausfrauendüften in der Luft.Nur ab und zu wabberte eine Prise Reste „Deutscher Grillabend mit Würstchen und Schnitzel“ herüber, nichts Verdächtiges.
Kurzes überprüfen der Windrichtung und der Umgebung und ich huschte geduckt bis an die Mauer des Waschhauses.
An die Wand gepresst, die Wäsche meiner Kinder fest umschlungen verharrte ich einen Augenblick und verlangsamte wie ich es gelernt hatte meinen Atem und Herzschlag.Bis hierher ging alles glatt, wow.
Ein Blick zur Tür; nichts.
Ich jubelte innerlich, Tränen der Freude verschleierten meinen Blick und ich schob mich dicht an der Wand entlang Richtung Waschraum.
Nur noch 2 Schritte, ich begann übermütig und glückstrahlend wieder in den aufrechten Gang zu wechseln als sich von links und rechte aus dem Dämmer zwei mir übergroß erscheinende Gestalten schälten.„Scheiße“ entfuhr es mir.
Rugbyspieler können mich jetzt wahrscheinlich verstehen, so kurz vor dem Touchdown und vollends verloren vor zwei übermächtigen Gegnern sank mein Herz in die Hosentasche und meine Brust krampfte sich zusammen.
Vielleicht ein erklärendes, friedenschaffendes, beschwichtigendes Wort?„ Oh gottgleiche Gebieterin des Spülvorganges, gesalbte unter den wuchtig Waschenden, gewährst du mir, dem Einsamen und nach sauberen Socken Trachtenden den Zutritt zu dem Gral der schleudernden Reinlichkeit?"
Nichts, nada, niente, gerade Mal die Augenbrauen der größeren der beiden Waschvollstreckerinnen und ein belatschter Großzeh der anderen in quittegrün zeigte Reaktion.Das war schon mal ein Schuß in den Ofen.
Es waren nur wenige Meter Distanz zwischen mir und der Türzarge, nur etwa 2 Meter zwischen den turmhoch aufragenden waschwütigen Riesendamen.
Glänzend, wie triumphierend raschelte das Polyester der Traininganzüge als die Frauen siegesgewiss ihre prallgefüllten Wäschekörbe hoben.
Plötzlich und tauchte im Geiste mein Mentor und Lehrer aus dem Dojo vor mir auf.Im Lotussitz über mir schwebend lächelte er weise.
„Der Frosch ist schneller als der Elefant“, rezitierte die Geistfigur und ich wusste schlagartig was zu tun war.
„Kiai“ schreiend wie ich es gelernt hatte stürmte ich aus dem Stand auf die Damen zu.Sie versuchten mir den Weg zu blockieren in dem sie sich zur Mitte der Tür bewegten und mir so den Weg zu versperren aber es war zu spät.
Kurz vor ihnen sprang ich ab über die entgegengestreckten Wäschekörbe und bildetet mich zusammenrollend eine Kugel die genau über den schmutzigen Schlüpfern, Socken und Hemden hinweghuschte und auf der anderen Seite sich abrollend wieder aufbaute.
Siegessicher grinsend und keuchend richtete ich mich vollends auf und wollte eben gerade langsam und genüsslich meine Wäsche auf das Weiß des Waschautomaten stellen, als mir die bis dahin so fest in der Armbeuge eingeklemmten Tabs herausrutschten und über den Boden kullerten.
Die Mienen der mittlerweile mir zugewandten Damen wechselten von „Entsetzen“ zu „Es ist nicht alles Colt was ballert“.
Fatal, fatal, dachte der Krieger und mir entfuhr mit zusammengepressten Zähnen „So eine gotterverdammte Riesenscheiße“.
Der ach so nahe Sieg dahin, wenn es mir nicht gelang gleichzeitig der Tabs habhaft zu werden und den Wäschekorb zu platzieren.
Ich wünschte Tadeusz Nutsch, der Erfinder der Raumzeitfalte in Speisekammern nördlich des Weißwurstäquators würde eben eine solche vor mir erscheinen lassen, so schamvoll war die Niederlage.
Stellte ich den Wäschekorb ab um die verlorenen Waschtabletten aufzuklauben würden die erzürnten Waschmatronen hundertprozentig dazwischenfunken.
Justament in diesem Augenblick brach eine der Damen prustend in Gelächter aus und zeigte mit wogendem Busen unter dem gestreiften Polyesterblouson auf die vermeintlichen Reinigungspillen.
Was da auf dem gefliesten Boden darniederlag waren keine der begehrten Taps, sondern 2 Stück kleine Rundkäse aus dem Supermarkt.
Konnte die Schande denn nun gar kein Ende nehmen?
Ich entsann mich einer Sitte welche bei Japanischen Soldaten in solchen Fällen zum tragen kam, Halodriri, oder so ähnlich.
Dabei stürzten sich die Unglücklichen in ihre Waschbottiche und suchten das nächstgelegene schwarze Loch auf um in aller Demut dieses Universum zu verlassen.
Schon sah ich mich gramgebeugt mit einem Stirnband mit der roten Sonne darauf vor dem Waschvollautomaten knien um mich, zumindest ehrenvoll, durch schleudern zu entleiben, als die immer noch prustende Dame nach Luft schnappend sagte: „Männer, es gibet doch rein jarnüscht komischeret wie Männer“,
gab die mächtigere der Damen von sich.
„Männeken, lof zu deiner Jurte und hol um Gottes Willen dat richtige Waschzeug, oder willste die Schlüpper deiner Jüngsten verkäsen?“ meldete sich die Waschmazone auf der anderen Seite.
In solchen Augenblicken kehrt mein Glaube an die Menschheit wieder zurück, erscheint mir Mutter Theresa als irdisch möglich und eine Steuererklärung als humanes Mittel unsere Gemeinsamkeit zu demonstrieren.
Ich beschloss diverse Kerzen zu spenden/anzuzünden und meinem Mentor und Meister bei nächster Gelegenheit zu Fragen wie bitte Frösche und Elefanten sich wirklich in solchem Falle verhielten; und ging schweigend den Käse umtauschen.
Die Moral von der Geschicht: Käse im Schlüpper – dat passet nicht!
Coaching, Gedanken zum Handeln.
Nach und nach werden die Dinge zur Ruhe, kommen und ganz natürlich ihren Platz finden.
Genauso, als wenn man eine Handvoll Reis auf eine glatte Oberfläche fallen läst.
Jedes Korn kommt selbst zur Ruhe.
Ein sehr weiser Satz von Sogai Rinpoche der mir im Alltag immer wieder klar macht, worauf ich meine Aufmerksamkeit lenken sollte.
Und er stimmt.
Immer wieder, immer mehr.
Danke Meister Rinpoche
Ps.: Coaching ist eben älter als man denkt.